Remo Vogel on Sat, 17 Nov 2001 03:40:31 +0100 (CET) |
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Militarisierung der EU Analyst und junge Welt-Autor Rainer Rupp über die Militarisierung der EU - Teil der Kampagne der RED COMMUNITY NRW zum EU-Gipfel am 13./15. Dezember in Brüssel WEU, Jugoslawienkrieg, Mazedonienkonflikt, Bündnisfall Afghanistan: Die Militarisierung der EU Referent: Rainer Rupp Datum: 28.11. (Mittwoch) Zeit: 19.30 Uhr Ort: Kulturzentrum Ratskeller Hamborn, Duisburger Str. 213, Duisburg (Hamborn) Zwei Jahre nach dem Anschluß Ostdeutschlands und ein Jahr nach dem imperialistischen Golfkrieg II meldete die BRD, die Führungsmacht in der Europäischen Union, ihren weltpolitischen Anspruch an: Ein zentrales Aufgabenfeld der Bundeswehr sei "die Sicherung des freien und ungehinderten Zugangs zu Rohstoffen und Märkten in aller Welt" - so steht es in den 1992 von der Hardthöhe herausgegebenen "Verteidigungspolitischen Richtlinien". Seitdem betreibt Deutschland den Umbau der Bundeswehr zu einer weltweit einsatzfähigen Interventionsarmee und will damit im europäischen Militärbündnis WEU die Führung übernehmen. Die EU strebt nach einer von den USA unabhängigen Einflußnahme auf geostrategische Regionen wie das Kaspische Becken: "Die Bedeutung des kaspischen Erdöls für den europäischen Markt wird ... in dem Maße zunehmen, wie sich die Quellen der Nordsee zwangsläufig erschöpfen." (Volker Rühe, 06.03.2001) Die SPD führt in ihrem Strategiepapier "Zukunftsregion Kaspisches Meer" (1998) aus, daß zu den elementaren "europäischen witschaftlichen Interessen" die "direkte Beteiligung an den großen kaspischen Öl- und Gaskonsortien" gehört. Nicht zuletzt aus diesem Grund bauen die europäischen Staaten mit der WEU eine eigenständige Armee auf, denn eine Einflußnahme mit solch einem wirtschaftlichen und territorialen Ausmaß muß militärisch weitestgehend abgesichert sein - gegen Rußland. "Im Korridor von Zentralasien über Aserbaidschan nach Europa (...) ist der Krieg zum Greifen nahe." (Volker Rühe, 06.03.2001) Das bislang größte Exerzierfeld für das neue deutsche Großmachtstreben ist der Balkan. Es war die BRD, die 1991 der Europäischen Union die Richtung vorgab und als erster Staat der Welt die Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens anerkannte. Der dadurch ausgelöste Flächenbrand kostete zehntausenden Menschen das Leben und ist noch nicht erloschen. Im weiteren Verlauf beteiligte sich der Bundesnachrichtendienst aktiv an der Ausrüstung der UCK und legte damit einen wesentlichen Grundstein für den NATO-Krieg gegen Jugoslawien im Jahr 1999, an dem - erstmalig nach dem Ende des zweiten Weltkriegs - deutsche Kampfpiloten beteiligt waren. Auch an anderer Front wurde Deutschland seiner "wachsenden Bedeutung" gerecht: Die offizielle Leitwährung im Kosovo ist seit langem die D-Mark. Vorläufiger Höhepunkt der Zerschlagung Jugoslawiens ist der in diesem Jahr von der Europäischen Union und den USA ausgestellte milliardenschwere Kredit, um die völkerrechtswidrige Auslieferung Milosevic' durchzusetzen. Das "Tribunal" in Den Haag dient dem Westen als nachträgliche Legitimation für seine zehnjährige politische, ökonomische und militärische Aggression gegen Serbien. Auch wenn der Balkankonflikt viele historische Ursachen hat, stet fest: Jugoslawien wurde zerstückelt, weil seine Weigerung, als gewichtiges Land dem Internationalen Währungsfonds (IWF) beizutreten, der neoliberalen Weltordnung strategisch im Weg stand. Darüber hinaus stellt der Balkan (u.a. das westliche Protektorat Bosnien, Rest-Jugoslawien, Mazedonien, Bulgarien, Griechenland) für den Westen den geostrategischen Eingangsbereich in den "Korridor von Europa nach Zentralasien" dar. Zuletzt wurde im Mazedonienkonflikt deutlich, daß die Europäische Union diesen Eingangsbereich möglichst exklusiv nutzen will: Nachdem die USA signalisierten, daß sie sich aus innenpolitischen Gründen an der NATO-Mission in Mazedonien nur geringfügig beteiligen wollen, standen u.a. Frankreich, Spanien und Italien sofort Gewehr bei Fuß, um die entstehenden Lücken aufzufüllen; Natürlich auch Deutschland, das bereitwillig das militärische Oberkommando über die NATO-Mission übernommen hat. Um diese Mission überhaupt zu ermöglichen, hat nach einem Bericht der Londoner "Sunday Times" die BRD nicht nur dabei geholfen, über 800 albanische Gewaltseparatisten zu finanzieren, sondern war wohl auch an deren Einschleusung nach Mazedonien beteiligt. Gleichzeitig übten EU-Außenkommissar Chris Patten und der "Hohe Beauftragte" der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, immensen Druck auf Mazedonien aus, damit von Europäern dominierte NATO-Truppen ins Land gelangen können. Unterstützt wurde diese "Diplomatie" durch eine EU-Finanzspritze in Höhe von 100 Millionen Euro. Der Krieg gegen Afghanistan wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch wegen der Rohstoffquellen in der gesamten Region geführt. Der primäre Grund dieses Kriegs besteht allerdings in der Angst der neoliberalen "Zivilisation", ihr globales Status Quo zu verlieren, das unter anderem auf einer vermeintlichen kulturellen Überlegenheit gegenüber dem Rest der Menschheit basiert. Die Ausrufung des NATO-Bündnisfalls steht dabei für den engen Schulterschluß zwischen Nordamerika und Europa, deren große Gemeinsamkeit die Ausbeutung und Unterdrückung der Massen in Zentral- und Südostasien, in Afrika, im Nahen/Mittleren Osten und in Lateinamerika ist. Die weltweit größten Produzenten von Krieg und Unfreiheit sind die USA und die Europäische Union selbst. Die nächsten Kriegsziele des "zivilisierten" Westens zeichnen sich bereits ab: Dörfer und Kliniken im Irak. Deutschland und die EU unterstützen im Krieg gegen Afghanistan uneingeschränkt den Einsatz von Streu- und Benzinbomben und die Durchführung von Flächenbombardements. Mit (vorläufig) 3.900 Soldaten beteiligt sich Deutschland erstmalig nach 1945 an einem Krieg außerhalb Europas. Der Bundeswehreinsatz ist zeitlich faktisch unbegrenzt und geht weit über Afghanistan hinaus: Der von der Bundesregierung am 7. November gefasste Beschluß definiert als Einsatzgebiet "die arabische Halbinsel, Mittel- und Zentralasien ud Nordostafrika sowie die angrenzenden Seegebiete." Beim bevorstehenden EU-Gipfel in Brüssel wird der 11. September 2001 und die Folgen das alles bestimmende Thema sein. Zu erwarten sind heuchlerische und antiarabische Erklärungsmuster über die Ursachen des Terrorismus. Es liegt an der europäischen Linken, diesem Gipfel mit einer antikapitalistischen Analyse der aktuellen Weltereignisse zu begegnen und in Theorie und Praxis einen Gegendiskurs zu schaffen, der Krieg, Sicherheitswahn und antiarabische Hetze angreift. Der Analyst und junge Welt-Autor Rainer Rupp war von 1977 bis 1989 Mitarbeiter der NATO-Zentrale in Brüssel und Agent der Hauptverwaltung Aufklärung der DDR (Deckname "Topas"). 1993 wurde er enttarnt und 1994 vom Oberlandesgericht Düsseldorf wegen "Landesverrat in besonders schwerem Fall" zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Im vergangenen Jahr wurde Rainer Rupp vorzeitig aus der Haft entlassen. ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de