Peer Goebel on Tue, 19 Mar 2002 16:51:22 +0100 (CET) |
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Re: [rohrpost] Internet als Medium |
Ich halte es für durchaus legitim, den Computer in diesen Zusammenhängen als Medium zu bezeichnen. Das Problem beim Ausgangspunkt der Diskussion, dass es irreführend sei, den Begriff "Medium" zu benutzen, da dann PolitikerInnen davon ausgehen, dass das Internet genauso regulierbar sei wie Fernsehen oder Radio (oder Straßenverkehr, wie die Metapher "Datenautobahn" nahe legt), liegt wohl eher in der Unfähigkeit der Politik, die spezifischen Qualitäten dieses Mediums zu erkennen (bei "Zeitung" oder "Telefon" gibt es ja auch keinen Sendeschluss). Internetfähige Computer dienen als vermittelndes Element zwischen KommunikantInnen, wandeln Nachrichten in Signale für einen Übertragungskanal (abstrakt: das Internet) um. Ich fände es also sinnvoll, zwischen Medium und Kanal zu unterscheiden (wie z.B. John Fiske es tut) der Computer ist das Medium, das Internet ist der Übertragungskanal (wie beim Telefon: Telefon ist das Medium, die Kabel/Schaltstellen/Vermittlungsnetz (wie komplex auch immer) der Kanal). Was wäre denn gewonnen, wenn der Computer kein "Medium" wäre? Natürlich sind Computer historisch gesehen als Rechenmaschinen für ökonomische, wissenschaftliche und militärische Zwecke entstanden, als Werkzeuge, werden aber in den letzten Jahren signifikant auch als Kommunikationsmittel genutzt. Will man McLuhan, dem alte Hippie, folgen, so ist die Tatsache, dass ein Medium andere Medien einschließt, nichts Neues, sogar eine Regel ohne Ausnahme. Druck schließt Schrift ein, Hörfunk Sprache, und Internetfähige Computer eben Zeitung und Video und Brief und anderes. (Das klappt bei seinem weiten Larifari-Medienbegriff ganz gut, wo das Medium Rad eine Ausweitung von Fuß ist, das Medium Kleidung die Ausweitung der Haut, Medien als Metaphern, als Technik zum Übersetzen von Wissen in einen anderen Modus.) Anders liegt es beim Begriff "Massenmedien", wo die Frage nach "öffentlich/privat" und "einseitig" spannend wird. Hier würde es mehr Sinn machen, die einzelnen Dienste (WWW, e-mail/mailinglists, Newsgroups, bla) daraufhin zu untersuchen. Dass Computer nicht nur als Kommunikationsmedium genutzt werden, widerspricht auch nicht der Bezeichnung - ich kenne genug Leute, die Zeitung weniger zum Lesen als zum Beheizen ihres Ofens benutzen, Bücher als Statussymbol oder Sammelobjekt im Schrank stehen haben (ohne je hineingesehen zu haben), es gibt genug Clubs, die alte Fernseher als schickes Interieure "zweckentfremden", und nicht etwa, um Nachrichten oder Unterhaltung darin zu suchen. ;-) Die "richtige" Nutzung wird im Gebrauch entschieden. Im Grunde geht es bei diesen Definitionsfragen doch darum, die Besonderheiten des Internetfähigen Computers herauszustellen, und das geht meiner Meinung nach auch mit dem Begriff "Medium". Denn mir fällt kein besserer für diesen Kommunikationszusammenhang ein - wenn "strukturbildende Form" aus der Systemtheorie mehr erklären kann, wäre ich gespannt darauf. greetz peer ---- "In Wirklichkeit spiegelt die Kunst den Betrachter und nicht das Leben." Oscar Wilde, Das Bildnis des Dorian Gray ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de